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“Wir sind alle gleich, wir sind #unteilbar”

Idil Calli

Mehrere Tausend Menschen haben am 14. Juni an den #unteilbar-Demos gegen Rassismus in vielen deutschen Städten teilgenommen. Wir haben in Hamburg mit Rachid Messaoudi, Hamburger Bündnis gegen Rechts und Anmelder der Demo “So geht solidarisch” und mit Christiane Schneider, Die LINKE und Mitorganisatorin des “Bandes der Solidarität” gesprochen.

Welches Ziel verfolgt #unteilbar, was sind die Forderungen?

Rachid Messaoudi (RM): Die Forderungen sind so vielfältig wie die teilnehmenden Organisationen, die sich darunter verbündet haben. Uns allen ist gemeinsam, dass wir feststellen, dass auch schon vor der Coronakrise vieles hier schon falsch lief. Die Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums oder die Bezahlung von systemrelevanten Berufen ist ein ganz großes Problem. Wir wollen aber auch, dass das Augenmerk darauf gelegt wird, wie wir eigentlich zusammen leben. Wir wollen, dass Rassismus stärker thematisiert wird. Wir wollen, dass die Gesellschaft sich stärker sensibilisiert. Wir wollen dazu beitragen und haben hier schon einmal ein kraftvolles Zeichen gesetzt, damit wir künftig eine bessere Form des Zusammenlebens finden.

 

Christiane Schneider (CS): Die allgemeine Losung ist, dass wir nur solidarisch gemeinsam aus dieser Krise kommen und da bündeln sich eine ganze Menge Forderungen, was sich ändern muss. Ein wichtiger Punkt heute ist, den Rassismus zu bekämpfen, der die Gesellschaft spaltet, der die arbeitenden Menschen spaltet, der viel Unheil anrichtet. Den strukturellen Rassismus in dieser Gesellschaft zu bekämpfen, aber auch den individuellen Rassismus, den Rassismus auf Schulen, auf dem Arbeitsmarkt, auf dem Wohnungsmarkt, in der Polizei, in allen Bereichen der Gesellschaft, das ist eine große Aufgabe. Diese Aufgabe steht jetzt auf der Tagesordnung und das ist mein wichtigstes Anliegen heute, bei diesem Band der Solidarität gewesen.

Ihre Forderungen zeigen, dass ein langfristiger Kampf erforderlich ist. Werden die Aktionen weitergehen?

RM: Wir wissen, es wird weitergehen. Wir wissen, dass wir auch weiterhin organisiert bleiben können und dass wir auch weiterhin in Kommunikation stehen werden. Dazu, wie die Roadmap jetzt tatsächlich aussieht, kann ich im Moment leider gar nichts sagen. Es wird ein sehr sehr langer Kampf werden und den werden wir an unterschiedlichen Orten führen. Das Unteilbar-Bündnis ist einer dieser Orte und aus meiner Sicht auch der wichtigste, weil wir den Druck auf die Straße bringen müssen. Parlamentarisch werden wir es allein nämlich nicht schaffen.

CS: Ich kann jetzt natürlich nicht für #unteilbar sprechen, aber es hat ja seit die Beschränkungen ein bisschen gelockert sind, doch schon eine Menge Aktionen gegeben, wie beispielsweise am 1. Mai, am 08. Mai und letzte Woche, wo hier in Hamburg laut Polizei 14.000 Menschen demonstriert haben. Ich denke das wird weitergehen. Ich denke ganz wichtig ist es, dass wir versuchen eine breite Debatte loszutreten, was sich eigentlich in dieser Gesellschaft ändern muss, welche großen Probleme die Coronakrise aufgedeckt hat zum Beispiel im Gesundheitswesen, in der schlechten Bezahlung, der Überarbeitung der Pflegekräfte und des medizinischen Personals insgesamt, oder auch der Situation, meist der Frauen im Bereich des Einzelhandels. Das hat so viele Probleme gezeigt, wie die absolute Unterbezahlung der Menschen in wichtigen systemrelevanten Bereichen. Da gibt es eine Menge zu diskutieren. Es muss sich eine Menge ändern und ich würde auch sagen, ohne dass wirklich viele Bereiche zusammenarbeiten wird das nicht gelingen.

Mit welchen Schwierigkeiten ist es verbunden, eine Bewegung zu schaffen, in der unterschiedliche Bereiche in einem Bündnis zusammengeführt werden?

RM: Von den Teilnehmenden, die an der Organisation beteiligt waren, die unterschrieben haben, da gab es eigentlich nichts Trennendes, sondern unheimlich viel Gemeinsames. Das hat uns sehr bestärkt in der Tätigkeit und wir hatten alle das Vetrauen zu sagen: „Hey, wir sitzen jetzt an einem Tisch und wir versuchen jetzt etwas Wunderbares für die Stadt und für den Bund zu wuppen und für ein besseres Leben der Gesellschaft zu sorgen“. Wir werden jetzt weiter arbeiten und ich glaube nicht, dass da viel Trennendes zum Vorschein kommt, sondern die Gemeinsamkeiten im Vordergrund stehen werden.

CS: Ich bin überrascht, dass wir heute so viele geworden sind, weil wir ja tatsächlich nur ganz wenig Zeit zu mobilisieren hatten. Wir haben erst vor ungefähr einer Woche mit der Planung begonnen. gemeinsam mit mehreren Organisationen haben wir die Aktion auf die Beine gestellt. Ich habe mich gewundert wie reibungslos das Bündnis zustande gekommen ist. Ich glaube das ist eine gute Ausgangsbasis, um das Bündnis zu festigen und auszubauen, denn da fehlen natürlich auch noch viele Organisationen. Ich glaube wir haben heute eine Grundlage gelegt, sowohl für weitere Aktionen, als auch für eine organisierte Debatte, wo man konkrete Forderungen auf die Straße bringen kann.

Das Unteilbar-Bündnis stellt gegen Spaltung und Teilung die Solidarität in den Vordergrund. Welche Botschaft möchten Sie an die Menschen unterschiedlicher ethnischer Herkunft und unterschiedlichen Glaubens senden?

RM: Wir sind alle gleich, unabhängig davon, wo wir herkommen, wie wir aufgewachsen sind, welche Bildung wir genossen haben, welcher Religion wir angehören, woher unsere Eltern oder Großeltern kommen. Wir sind alle Menschen und müssen auch gleichberechtigt die Chancen haben, an der Bildung und an dem, wie wir Gesellschaft gestalten, teilzuhaben.

CS: Es gibt nur eine Rasse, das ist die Menschenrasse und das ist das Wichtigste. Alle Menschen sind gleich, sie sind natürlich in dieser Gesellschaft nicht gleich, aber als Menschen sind sie gleich. Als Menschen haben sie ihre Würde. Ich hoffe, dass die Demonstration heute und letzte Woche ein Zeichen setzen, dass wir vieles ändern müssen und dass das Problembewusstsein, dass man nicht einfach drüber hinweggehen kann, wenn man Rassismus erlebt, sondern dass man sich mit wehren muss, gerade bei nicht-migrantischen Menschen steigt.

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