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Griechenland – Totfinanziert auf Kosten der Bevölkerung

Sinan Cokdegerli

Seit Monaten war es ziemlich still um das südeuropäische Land. Doch Griechenland ist noch nicht raus aus der Krise und neue Vorschriften und Bedingungen sollen dafür sorgen, dass es weiterhin auch so bleibt. Das europäische Geld fließt dann aber auch.

Mitte Juni einigten sich die EU–Finanzminister auf weitere Zahlungen an Griechenland: 8,5 Milliarden Euro sollen nun erneut ausgezahlt werden, jedoch wird sich der Internationale Währungsfonds nicht an dieser Liquidation beteiligen. Man sei sich noch nicht sicher, ob Griechenland schuldentragfähig sei.

Bereits seit mehreren Monaten diskutiert die griechische Regierung mit den europäischen Gläubigern darüber, ob noch etwas von den 2015 beschlossenen 86 Milliarden Euro nach Griechenland fließen wird oder nicht. Im Endeffekt hatte man das Hilfspaket in dieser Höhe vor zwei Jahren beschlossen, jedoch wurde bisher nicht alles ausgezahlt. Man knüpfte Bedingungen an die Auszahlung, die vom deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) als „Strukturreformen“ betitelt werden. Tatsächlich zwingt man der griechischen Regierung aber unter dem Motto der Strukturreformen soziale Kürzungen auf und zwingt das Land zur Privatisierung von Staatseigentum.

An diesen Sparmaßnahmen leidet vor allem die griechische Bevölkerung, die erneut und wiederholt gegen Kürzungsmaßnahmen auf die Straßen ging. Deswegen war die Regierung auch gezwungen, einen Schuldenschnitt einzufordern, statt noch mehr Sparmaßnahmen.

Sparen bis zum Ende

Die Bedingungen der europäischen Staaten unter der Führung des deutschen Finanzministeriums drängen das bereits am Boden liegende Land weiter in den sozialen Ruin und zwingen es zum Verkauf von allem, was das Land selber brauchen könnte, um aus der Krise herauszuwachsen. Das Land ist seit 2010 gezwungen worden, an allen sozialen Leistungen an der eigenen Bevölkerung zu sparen. Die Liste der Sparmaßnahmen, wie die Herabsetzung des Mindestlohns, Senkung von Beamtengehältern, Senkung der Renten, Anhebung des Rentenalters und dergleichen, ist ohnehin lang genug, wächst aber weiter an.

Jetzt trifft es wieder einmal das Streikrecht der Arbeiterinnen und Arbeiter und die Rentnerinnen und Rentner, worauf man sich im Zuge der Verhandlungen in den letzten Tagen geeinigt hat. Seit 2010 die insgesamt 23. Maßnahme, die direkt die Renten betrifft. Diese soll demnach ab 2019 um 18% gesenkt werden. Dabei hatte es genau diese Bevölkerungsgruppe bereits schon schwer getroffen. Bis August 2018 soll das Streikrecht und andere Rechte von Arbeiterinnen und Arbeitern systematisch abgebaut werden.

Nur weil Griechenland in den Medien nicht mehr so präsent ist, bedeutet das nicht das Ende der Krise, denn die Krise findet dort tagtäglich in jedem Haushalt statt. Die Staatskürzungen und – angriffe führten bislang nur dazu, dass die Armut im Land drastisch anstieg. Der Anteil der von extremer Armut betroffenen Menschen ist von 2011 auf 2015 von 8,9% auf 15% gestiegen. Die Arbeitslosenquote beträgt weit mehr als 20% und die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 47,9% bei den 15 – 24 Jährigen. Trotzdem hetzt man gegen die Regierung, da diese nicht genug sparen würde.

Wenn Menschen in Griechenland erneut gegen dieses europäische Spardiktat auf die Straßen gehen, werden sie in den Medien als undankbar, gewaltbereit und terroristisch bezeichnet.

Privatisierungen und deutsche Firmen

Im Rahmen der Hilfsleistungen zwang man die griechische Regierung, auch wichtige staatliche Sektoren zu privatisieren. Das Land privatisiert seit 2011 durchgehend jedes Jahr neue Betriebe und hat dazu sogar eine eigene Privatisierungsgesellschaft eingerichtet. Die Helenic Republic Asset Development Fund (HRADF), dessen einzige Aufgabe die Privatisierung von ihr übertragenem staatlichem Eigentum und Staatsbetrieben ist, sollte dadurch 50 Milliarden Euro in den Staatshaushalt treiben. Von Flughäfen bis Banken, der Telekommunikation und verschiedensten Immobilien wurden von dieser Privatisierungsagentur etliche Objekte zum Verkauf freigegeben.

Dabei kaufen vor allem Investoren aus den Ländern der Gläubiger in Griechenland billig Staatsbetriebe auf. Opap, der staatliche Glücksspielriese, ging beispielsweise an die amerikanische Firma Third Point. Auch andere internationale Investmentfirmen wie Oaktree und Fortress zeigten sich bereits sehr früh interessiert an den griechischen Schnäppchen.

Der massenhafte Aufkauf griechischer Flughäfen zum „Schnäppchenpreis“ von 1,2 Milliarden Euro wurde einer deutschen Firma gestattet: Fraport, die Betreibergesellschaft des Frankfurter Flughafens, bekam Ende 2014 die Zusage, 14 griechische Flughäfen, darunter den Flughafen von Athen, 40 Jahre betreiben zu dürfen. Dabei haben die Flughäfen jährliche Umsätze von 3-stelligen Millionenbeträgen.

Neben den Flughäfen sind auch die Häfen sehr begehrt. Erst im April wurde klar, dass die Münchner Investmentgesellschaft Deutsche Invest Equity Partners bis 2051 den Hafen von Thessaloniki, für über 200 Millionen Euro, pachten wird. Damit reiht sich die Firma ein in eine Liste, in der auch der zuvor genannte hessische Riese Fraport ist. Fraport beteiligt sich am nahegelegenen Makedonia Airport. In der Nähe liegende Hotels wurden ebenfalls von deutschen Firmen aufgekauft.

Erst ruinieren, dann profitieren

Deutschland verdient sich eine reiche Nase an den billigen Angeboten in Griechenland. Fraport gehört zu mehr als einem Drittel dem Land Hessen. Außerdem verdienen sich die deutschen Unternehmen in Griechenland durch die starke deutsche Wirtschaftslage reich am Krisenland.

Einen besonders negativen Stellenwert hat das vor allem, weil der deutsche Finanzminister als der verbissenste Verteidiger des Ruinkurses in Griechenland gilt. Schäuble betont immer wieder, wie inkonsequent die griechische Regierung ihre Sparpolitik durchsetzen würde. Das ist jedoch nichts als innenpolitischer Populismus, in Anbetracht dessen was die griechische Bevölkerung ertragen muss.

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