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Hamburger Polizei verhindert Demo

In den Monaten nach dem Anschlag in Hanau kamen immer mehr Informationen ans Tageslicht, die auch in diesem Fall ein „Versagen“ der Behörden in Bezug auf den Täter zeigen. Beispielsweise besaß dieser eine Waffenerlaubnis, die 2019 verlängert wurde. Hätten die Behörden einen Hintergrundcheck gemacht, hätten sie von Strafverfahren gegen Tobias R., unter anderem aufgrund von Brandstiftung, gewusst, die seine Eignung in Frage gestellt hätten. Der Täter hatte außerdem wenige Monate vor der Tat einen Brief an die Staatsanwaltschaft geschickt, in dem er Klage gegen eine angebliche Geheimorganisation, die ihn überwachen würde, erhob und eindeutig rechte Motive äußerte.

Der bundesweite Aufruf zu den Gedenkdemonstrationen von der „Initiative 19. Februar“ fordert explizit Aufklärung der Vorgeschichte des Attentats sowie den Rücktritt von Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU).

„Querdenker“ lies die Polizei demonstrieren

Der Anschlag von Hanau reiht sich in die vielen Fälle rechten Terrors ein, in denen der Staat eine zumindest fragwürdige Rolle einnimmt. Während wir in den letzten Jahren am Beispiel des NSU gesehen haben, dass der Verfassungsschutz teilweise sogar den Aufbau von rechten Strukturen fördert und organisierte, mordende Nazis wissentlich durchs Land reisen ließ, ist es kein Wunder, dass der Wille des Staates zur Prävention und Aufklärung rechten Terrors grundlegend in Frage gestellt wird. In Hamburg gab es am 19.8. eine weitere Bestätigung für diesen Vorwurf.

Die Gedenkdemonstration sollte abends von der S-Bahn-Station Veddel aus durch den Stadtteil Wilhelmsburg zum Stübenplatz laufen. Von Anfang an jedoch sperrte die Polizei die Straße zu spät ab, ließ den Zug nicht loslaufen, pochte auf korrekte Aufstellung und zählte penibel die Teilnehmer. Laut den Beamten waren statt den angemeldeten 500 Teilnehmern 800 vor Ort, was Grund genug war, den Zug stundenlang aufzuhalten. Nach mehrfachem Durchzählen und Diskussionen über das weitere Verfahren musste die Versammlung schließlich aufgrund der Uneinsichtigkeit der Polizei aufgelöst werden –offiziell aufgrund der nicht eingehaltenen Auflagen zum Infektionsschutz. Im Kontrast dazu hatten am Samstag zuvor in Hamburg laut Polizei knapp 1.000 Menschen an einer Querdenker-Demo teilgenommen – ohne Mundschutz und Abstand. Besonders weil die Teilnehmer der Hanau-Gedenkdemo zuallermeist Masken trugen und auf die Abstände und Blockanordnungen achteten, wurde das Unverständnis für das Handeln der Polizei vor Ort immer lauter.

Recht auf Gedenken und Protest

Auch das lange Festhalten der Masse auf dem Bahnhofsplatz machte das Abstand halten erheblich schwieriger, als es bei einem Lauf der Fall gewesen wäre. Während ein Teil der Demonstranten sich über Umwege auf einen spontanen Lauf zum angedachten Zielort begab, blieb ein anderer stehen, bis die Versammlung offiziell aufgelöst wurde. Trotz allem pilgerten viele Teilnehmer auch nach Auflösung zum Stübenplatz, wo die Straße blockiert und Sprechchöre laut wurden. Vor Ort wurde eine spontane Kundgebung angemeldet, die überraschenderweise zugelassen wurde, Redebeiträge wurden gehalten und, obwohl es schon fast 22:00 war, waren die meisten Teilnehmer noch bis zum Schluss vor Ort.

Das Recht auf Gedenken und Protest ließen sich die Menschen nicht nehmen – trotz des skandalösen Verhaltens der Polizei. In der Presseerklärung der Initiatoren heißt es von einem Vertreter der DIDF:

„Wir wollten unsere Trauer und unsere Wut über die Toten von Hanau zum Ausdruck bringen. Der respektlose Versuch der Polizei, eine maßgeblich von migrantischen Organisationen getragene Gedenkdemonstration zu verhindern, ist eine Schande.“

Wir haben in Hamburg wieder einmal deutlich gesehen, dass der Staat im Kampf gegen Rassismus, rechten Terror und für Aufklärung und Gedenken nicht auf unserer Seite steht. Der Staat wird uns nicht helfen.

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