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Wir brauchen eine bedarfsorientierte Gesundheitsversorgung

Yücel Özdemir

In NRW sammelt eine „Volksinitiative gesunde Krankenhäuser in NRW – Für alle“ Unterschriften. Durch eine Volksinitiative wird der Düsseldorfer Landtag aufgefordert, sich mit dem Thema „Gesunde Krankenhäuser“ zu befassen. Wenn 0,5% der volljährigen, in NRW wohnhaften deutschen Staatsbürger, gut 66.000 Personen, unterschreiben, ist sie erfolgreich. Die Unterschriftenlisten können über die Homepage www.gesunde-krankenhäuser-nrw.de heruntergeladen werden. Dort ist auch noch einmal ein Leitfaden zur Unterschriftensammlung hinterlegt. Die Listen können dann an die Volksinitiative geschickt oder in einer Sammelstelle in NRW abgegeben werden.Wir haben mit Susanne Quast, eine der Sprecherinnen der Initiative, gesprochen

Warum eine Volksinitiative mitten in der Pandemie?
Die Coronapandemie hat mit der Volksinitiative nur sekundär etwas zu tun. In der Pandemie jedoch hat man gesehen, wie essentiell eine bedarfsorientierte Versorgung ist. Unter Corona wurde einmal mehr deutlich, woran unser Gesundheitssystem krankt: Beatmungsgeräte nutzen nichts, wenn es an Personal fehlt. Immer wieder kam es zu Engpässen bei der Auswertung von Corona-Tests – das zeigte einmal mehr: Wir brauchen wohnortnahe Krankenhäuser, die über eigene Labore verfügen. Die Pandemie hat aber auch vorgeführt, was möglich wäre: die Fallpauschalen wurden vorübergehend, leider nur teilweise ausgesetzt. Nur so konnte aber sichergestellt werden, dass Krankenhäuser Betten, Personal, Geräte und Material für den Notfall vorhalten – das ist in normalen Zeiten längst nicht mehr selbstverständlich. Unter Corona wurden nun kurzfristig andere Prioritäten gesetzt. So kam es vor, dass Rettungswagen verschiedene Kliniken anfahren müssen, um Patienten unterzubringen. In normalen Zeiten setzen Fallpauschalen Fehlanreize: Lukrative Operationen werden häufiger durchgeführt als Behandlungen, die weniger Geld einbringen, mitunter aber sinnvoller und weniger invasiv wären. Während Corona gingen kurzfristig auch Kolleginnen zurück in die Pflege, die den Beruf aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen an den Nagel gehängt hatten. Bessere Arbeitsbedingungen könnten der Flucht aus dem Beruf entgegenwirken. Auch die Frage der Hygiene ist stärker in den Blickpunkt gekommen. Der Trend, dass immer weniger Kolleginnen in kürzerer Zeit immer größere Flächen reinigen müssen und zudem outgesourct zu schlechten Bedingungen arbeiten, muss dringend umgekehrt werden! Es gilt also, nun die richtigen Schlüsse aus den Erfahrungen zu ziehen, die wir in der Pandemie gemacht haben!

Wie sollen die Mehrkosten finanziert werden?
Die Krankenhausfinanzierung erfolgt in Deutschland nach dem Prinzip der „dualen Finanzierung“: Die Betriebskosten der Krankenhäuser, also alle Kosten, die für die Behandlung von Patienten entstehen, werden von den Krankenkassen finanziert. Die Investitionskosten werden hingegen durch die Bundesländer finanziert.
Die Krux ist, dass in beiden dualen Strukturen seit Jahren Kosten eingespart oder nicht finanziert werden. Vom Grundsatz der dualen Finanzierung müssten die Kosten von vorn herein in die Haushaltsplanung eingerechnet werden und die Krankenkassen müssen die Behandlungskosten übernehmen. Faktisch wird heute mehr Geld von den Krankenkassen ausgegeben, als zur Einführung der DRG-Systems. Denn die Finanzierung durch Fallpauschalen führt zu Fehlanreizen, kostenintensive Behandlungen nehmen zu, ungeachtet dessen, ob sie für die Patientinnen tatsächlich sinnvoller sind: ein Kaiserschnitt bringt mehr Geld als eine natürliche Geburt, eine neue Hüfte oder eine Amputation bringen mehr als langwierige auf Erhaltung zielende Therapien. Die Profite landen schlussendlich bei privaten Konzernen und ihren Anteilseignern, andere Häuser nutzen die Gewinne um Investitionen zu tätigen, da das Land diese Gelder schuldig bleibt und Kliniken, die nicht mithalten können, gehen Konkurs.

Die zweite Säule- die Investitionskostenfinanzierung über das Land NRW – entspricht ebenfalls seit Jahren nicht den tatsächlichen Bedarfen, sodass es hier zu einem massiven Investitionsstau gekommen ist.

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