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Wir brauchen mehr engagierte Jugendliche

Sinan Cokdegerli

Am 7. April hat die Bühne für Menschenrechte auf Initiative der DIDF-Jugend München zum ersten mal die NSU Monologe aufgeführt. Eine überaus berührende Vorführung, dessen Inhalt nicht aktueller sein könnte. Denn zum Ende des Prozesses ist es insbesondere in München wichtig, das Thema in den Mittelpunkt zu rücken. Beim anschließenden Podiumsdialog appellierten die Teilnehmer an die Zivilgesellschaft.

In München endet der NSU-Prozess mit einer sehr großen Wahrscheinlichkeit in den nächsten zwei Monaten. Doch die Aufmerksamkeit für den NSU und dessen Hintergründe scheint vor allem in den letzten Jahren stark abgenommen zu haben.

Abgesehen davon, dass die Anklageschrift sehr strikt auf die fünf Angeklagten beschränkt ist und die Bundesstaatsanwaltschaft immer wieder erklärt hat, dass es in dem Prozess nicht um die politische Aufarbeitung des Themas gehe, sondern um die juristische, hatten im Vorfeld viele Menschen Hoffnungen in den Prozess gesetzt. In den letzten fünf Jahren und den über 400 Verhandlungstagen, die damit einhergingen, nahmen diese Hoffnungen jedoch immer mehr an Gewicht ab, erst recht, weil die Staatsanwaltschaft den Verfassungsschutz oder seine V–Mann-Strukturen deckte, statt die Tathintergründe aufzudecken.

Das Thema ist nicht vom Tisch

Bei der Veranstaltung wurde vor allem eines klar: Das Thema berührt immer noch alle, die damit konfrontiert werden. Nahezu jeder der ca. 200 Teilnehmer wurde emotional angesprochen. Die Aufführung ist so beeindruckend wie simpel. Vier Schauspieler stehen vorne und halten Monologe, in denen sie jedoch auch miteinander agieren. Dabei spielen sie drei Angehörige der Opfer des Nationalsozialistischen Untergrunds, nämlich Adile Simsek, Elif Kubasik und Ismail Yozgat in einer sehr mitreißenden Performance.

Das Thema findet in breiten Kreisen noch viel Anklang und schafft es, auf eine sehr einfache Art und Weise Fragezeichen in den Köpfen der Zuschauer zu hinterlassen. Der Grund ist vielleicht der, dass die Opfer Familienväter, Söhne, Brüder und Freunde sind, die einzig und allein wegen ihrer Herkunft, ihres Aussehens und anderen Merkmalen umgebracht wurden. Das bedeutet also, es hätte jeden treffen können, auf den die selben Merkmale zutreffen.

Aus den Augen, aus dem Sinn(?)

Nach der Aufführung der „NSU Monologe“ folgte eine Podiumsrunde. Pati, die Sprecherin des Münchener Bündnisses gegen Naziterror und Rassismus, sagte, dass es schwierig sei, nach einer solch emotionalen Aufführung das Thema noch politisch zu behandeln, aber dass man die Hintergründe und die politischen Zusammenhänge erläutern und lückenlos aufklären müsse. Aziz Aslan, Bundesvorstandsmitglied der Föderation demokratischer Arbeitervereine (DIDF), sprach von einem Schandfleck der Geschichte der deutschen Gesellschaft. „Dieser Prozess ist ein Scheinprozess“ sagte die Sprecherin des Bündnisses und Aziz Aslan betonte, dass auch wenn die Politik mit diesem Prozess das Thema abschließen wolle, der Rassismus bleibe und die Gesellschaft mehr engagierte Jugendliche brauche, die das nicht einfach so hinnehme würden.

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