Die Republik ist wieder in Bewegung. Seit Mai, wo das neue Polizeiaufgabengesetz (PAG) im bayerischen Landtag verabschiedet wurde, gab es etliche Protestaktionen, Großdemonstrationen mit Zehntausenden von Menschen. Auch die Jugend setzte in München mit einer Demonstration mit mehr als 2000 jungen Teilnehmern ein starkes Zeichen gegen eine reaktionäre Politik und einem Überwachungsstaat. Für den bayerischen Ministerpräsident Markus Söder, sind Zehntausende Menschen im Verhältnis zu 13 Millionen Einwohnern Bayerns „relativ gering“. Nun, es wird sich spätestens am Sonntag zeigen, was diese „Geringen“ bei der Bayernwahl anrichten werden.
Am Tag davor aber, den 13. Oktober, sollen nach Angaben der Initiative „13-10“, in mehr als 40 Städten Europas Millionen gegen Nationalismus und Ausgrenzung auf die Straßen gehen. Initiiert wurde das Ganze von dem deutsch-schweizerischen Schriftstellers Jonas Lüscher und dem österreichischen Philosophen Michael Zichy. Der Aufruf wird von zahlreichen renommierten Schriftstellern, Universitätsangehörigen, Künstlern u.a. unterstützt, darunter Nobelpreisträger wie Klaus von Klitzing (Physik 1985), Jean-Marie Lehn (Chemie 1987), Horst Störmer (Physik 1998), Swetlana Alexijewitsch (Literatur 2015) und Sir Fraser Stoddart (Chemie 2016).
Auch in Deutschland finden an diesen Samstag einige Großdemonstrationen statt. Neben Frankfurt am Main und Karlsruhe wird die größte Aktion in Berlin stattfinden. Aufgerufen hat dazu das Bündnis #unteilbar. Ferner haben andere Bündnisse wie „noPAG“, oder „#Wirsindmehr“ erklärt, dass sie mitdemonstrieren werden. Migrantenverbände wie die DIDF und der Bundesverband der Migrantinnen in Deutschland haben ebenfalls aufgerufen. Nach Einschätzung der Organisatoren werden es mehr als 50 tausend sein.
„Actio est Reactio“ ist ein Newtonsches Gesetz und besagt, dass jede Aktion eine Reaktion erzeugt. Die etablierten Parteien betreiben seit Langem eine Politik der „kalten Herzen“, eine Politik, die die Gesellschaft spaltet und Menschen gegeneinander ausspielt. Das nach jedem „Ausrutscher“ wie in Chemnitz Krokodilstränen und „das lassen wir nicht zu“-Sprüche folgen, gehört zum Ritus dieser Politik. Eindrucksvoll ist aber in diesem Fall die Reaktion der Zivilgesellschaft. Seit dem Sommer gehen in fast allen Städten Menschen zu Tausenden auf die Straßen und sagen: Wir lassen nicht zu, dass Sozialstaat, Flucht und Migration gegeneinander ausgespielt werden. Wir halten dagegen, wenn Grund- und Freiheitsrechte weiter eingeschränkt werden sollen. Menschen auf dem Mittelmeer sterben zu lassen, um die Abschottung Europas weiter voranzubringen und politische Machtkämpfe auszutragen, sind unerträglich und sprechen gegen jegliche Humanität.
Hinzu kommen die Proteste für bezahlbaren Wohnraum und gegen die Missstände in der Gesundheitspolitik.
Woran wir noch arbeiten müssen, ist, diese Kämpfe und Kräfte zu vereinen, die Zusammenhänge zwischen der sozialen Lage und Rassismus deutlicher herstellen und Lösungsansätze anzubieten.
In Berlin oder anderen Städten Europas werden an diesem Wochenende Tausende „Solidarität statt Ausgrenzung!“ rufen. Je mehr wir sind, je lauter und stärker wir unsere Forderungen schreien, desto weniger sind wir #unteilbar.