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Aussichten besorgniserregend

Zweite Verhandlungsrunde im Tarifkonflikt Sozial und Erziehungsdienst ergebnislos beendet.

Die zweite Runde der Tarifverhandlungen für die Beschäftigten in Sozial- und Erziehungsberufen wurde am 22. März ergebnislos vertagt. Die Tarifpartner Ver.di und Beamtenbund dbb trafen mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände VKA in Potsdam zusammen. Sie hatten die Verhandlungen im Februar dieses Jahres nach knapp zweijähriger Pandemiepause wieder aufgenommen. Anfang März gingen Tausende Erzieherinnen und Erzieher und andere Beschäftigte sozialer Berufe bundesweit auf die Straße, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.

Die Gewerkschaften fordern für die rund 330 000 Beschäftigten in Sozial- und Erziehungsberufen neben einer besseren Bezahlung auch attraktivere Arbeitsbedingungen – beispielsweise mehr Zeit für die Vor- und Nachbereitung von Erziehungsarbeit.

Die kommunalen Arbeitgeber haben das Ausmaß der Personalnot und die damit verbundene permanente Belastung offenbar immer noch nicht verstanden. „Anders ist ihr Verhalten nicht zu erklären“, sagte der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach am 22. März 2022 in Potsdam hinsichtlich der praktisch komplett blockierenden Haltung des Verhandlungspartners VKA. Es gäbe keine konstruktiven Gegenvorschläge noch anderweitige zielführende Verhandlungsführung.

Statt neue Fachkräfte zu gewinnen, droht so eine massive Abwanderung von Beschäftigten – während gleichzeitig die Aufgaben durch Corona-Pandemie oder aktuell dem Krieg in der Ukraine immer größer werden. Vor diesem Hintergrund grenze das Verhalten der Arbeitgeber schon fast an Realitätsverweigerung, so Silberbach. Die Verhandlungen gehen am 16. Mai weiter. Wir sind sicher, dass es vor der nächsten Verhandlungsrunde am 16. und 17. Mai zu heftigen Reaktionen kommen wird“, erklärte der Vorsitzende der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), Frank Werneke, in Potsdam. Nach Berechnungen des Deutschen Jugendinstitutes fehlen bis zum Jahr 2025 allein in den Kitas 300.000 Fachkräfte. „In der Sozialarbeit und in der Behindertenhilfe sieht es keinen Deut besser aus“, sagte Werneke. Das sind besorgniserregende Aussichten nicht nur für die Beschäftigten, sondern für aller Kinder und werktätigen Eltern, denn sie alle werden die Leidtragenden dieser Entwicklungen sein bzw. sind es bereits. Auch in den Schulen wird laut Berechnungen des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) der Lehrkräftemangel enorm ansteigend. Im Jahr 2025 wird demzufolge deutschlandweit ein Lehrkräftemangel von 45.000 herrschen, im Jahr 2030 wird er dann schon bei 81.000 liegen.

Die kommenden Wochen bis zur finalen Verhandlungsrunde werden die Erzieherinnen und Sozialarbeitenden höchstwahrscheinlich wieder in den Streik gehen. Das ist in dieser schwierigen Zeit nicht einfach, weil alle Kolleginnen und Kollegen sich ihrer großen Verantwortung bewusst sind. Alle anderen Werktätigen sollten sich in Anbetracht der fatalen Auswirkungen von Personalmangel gesellschaftlich essenziellen Bereichen wie Erziehung und Bildung mit ihrem Kampf um bessere Arbeitsbedingungen und mehr Lohn solidarisieren und unterstützen.

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