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Schöne neue Drohne

Seit geraumer Zeit werden Drohnen in der Kriegsführung angewendet. Vom ersten Weltkrieg als eine Vorläuferin des modernen Marschflugkörpers bis hin zu ihren Einsätzen in Afghanistan ist die Drohne ein Bestandteil des militärischen Arsenals. Die aktuelle Entwicklung in der KI-Forschung befähigt Staaten, eine neue Generation von Drohnen anzuschaffen, die nicht mehr auf Fernsteuerung durch den Menschen angewiesen ist und sich autonom an der Kriegsführung beteiligen können.

Die ersten Einsätze autonom agierender Kampfdrohnen in einem Kriegseinsatz wurden in einer Operation der von der Türkei unterstützten libyschen Übergangsregierung gegen die Libysche Nationalarmee im Jahr 2020 dokumentiert. Hier könnte die türkische Kampfdrohne vom Typ Kargu-2 zum Einsatz gekommen sein. Die Verwendung der unbemannten Flugkörper war letztlich kriegsentscheidend. Zum ersten Mal entschied das Kriegsgerät selbst, ob es einen potentiellen Gegner vernichtet. Die menschliche Entscheidungskraft und die damit zusammenhängende Verantwortung verließ vollständig die Bühne des Kriegsgeschehens. Nur der Knopfdruck, der die Drohne zum Start befähigt, lag noch im Ermessen menschlichen Handelns. Alles Weitere, von der Suche angefangen, bis hin zur Findung, Identifizierung und Tötung der entsprechenden Ziele sind Produkt maschinellen Lernens.

Die Software solcher Killer-Drohnen ist der autonom fahrender Autos verblüffend ähnlich. Hinter dieser stecken unter anderem neuronale Netzwerke zum Zwecke der Klassifizierung von Daten. Im Verlauf der letzten Jahre wurde viel Geld in die KI-Branche investiert. Immer neuere Ansätze und eine höhere Rechenleistung führen zu weiteren Durchbrüchen in der Entwicklung und Integration von KI. Der Bereich Rüstung ist zwar noch nicht flächendeckend mit KI ausgestattet, doch sind auch hier Tendenzen erkennbar, die den Einsatz maschinellen Lernens für jede moderne Kriegsführung notwendig machen. Die Effektivität durch autonom agierende Systeme ist dabei bemerkenswert und damit auch erschreckend. Krieg als menschliche Handlung wird abgelöst durch ein Optimierungsproblem mit dem Ziel, so viele menschliche Gegner wie möglich auszuschalten.

Die Türkei ist nicht der einzige Staat, der im Drohnengeschäft ein neues Zuhause gefunden hat. Die Ampelkoalition hat bereits im Koalitionsvertrag geregelt, die Anschaffung bewaffneter Drohnen für die Bundeswehr zu ermöglichen. Damit ist die Regierung unter Scholz die erste in der Geschichte der Bundesrepublik, die das autonome Töten ermöglichen möchte. Man versichert im Koalitionsvertrag natürlich, dass derartige zukünftige Einsätze von Killer-Drohnen menschenrechtskonform ablaufen werden. Wer kontrolliert das? Wird es Parameter in der KI geben, die auf Menschenrechte eingestellt sind? Wer garantiert, dass die Drohnen nicht auch für Angriffskriege der Bundeswehr eingesetzt werden? Mit bloß einem Absatz im Koalitionsvertrag redet die neue Bundesregierung ihr Vorhaben klein. Sie verschleiert damit die vollständige Entfremdung der Kriegsführung, indem die Entscheidung über Menschenleben zu nichts weiterem als einem Output eines Algorithmus verkommt. (Neues Leben)

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